11. September in Deutschland - Tausende protestieren friedlich gegen unsozialen
Polit-Terror

Bundesweite Demo gegen beispielhafte Streichung des Blindengeldes in Niedersachsen



Das Maß ist voll! Wie aus einer Kehle erschollen an diesem regnerischen Samstag in Hannover immer wieder Sprechchöre, beispielsweise "Hände weg vom Blindengeld" oder "Wer Blinde quält, wird abgewählt!".


Mitten unter den 10 Tausend Demonstranten aus dem gesamten Bundesgebiet waren auch wir etwa 130 zwei- bzw. vierbeinige Sachsen, einige aus Leipzig.
Reisen in ungewohnter Umgebung ist für Seh- oder Mehrfachbehinderte immer ein Graus (Stichwort "Dialog im Dunkeln").  Es mußte also schon einen besonderen Grund gegeben haben, sich dieser Strapaze für Mensch und Tier gleich zigtausendfach zu unterziehen:
Niedersachsens Finanzminister Hartmut Möllring (CDU) plant nämlich beispielgebend für alle Bundesländer die Streichung des Landes-Blindengeldes.


Bisher erhält jeder Zivil-Blinde in Niedersachsen unabhängig vom Einkommen einen Nachteilsausgleich von 409 (in Sachsen 333) Euro monatlich, ab dem 1. Januar 2005 sollen nur noch Sozialhilfebedürftige einen Zuschuss bekommen. "Das wird für viele den Weg in die Armut", betonte der Geschäftsführer des Blinden- und Sehbehindertenverbandes Niedersachsen, Hans-Werner Lange. Vom Blindengeld müssen unter anderem bis zu zehn mal so teure Bücher und Computer mit Blindenschrift, aber auch Begleiter und Taxifahrten zum Einkaufen, für Arzt- oder Behördenbesuche finanziert werden. Auch sind Blinde trotz attestierter Hilflosigkeit aufgrund dieser Schwerbehinderung nicht automatisch auch pflegebedürftig.
Es ging also um persönliche existenzielle Fragen, übrigens nicht nur der Blinden, denn die Sozialminister der Länder wollen auf ihrer Konferenz Ende November sämtliche einkommens- und vermögensunabhängigen Leistungen auf den Prüfstand stellen!
Auf nach Niedersachsen, in die Landeshauptstadt, hieß es also. Kurz nach 8 Uhr nahmen uns am Samstag 2 Busse des sächsischen Blinden- und Sehbehinderten-Landesverbandes am Hauptbahnhof auf und ab ging's Richtung Norden.

Als wir kamen, stand die Stadt schon Kopf. Fein säuberlich gesperrt wie beim Leipziger Olympia-Marathon. Die 130 Busse entluden ihre tatendurstige Last auf dem riesigen Schützenplatz, Petrus spendierte eine kleine Abkühlung, und dann mühte sich die endlose Demo-Raupe unter Trillerpfeifen, Hupen, Sprechchören und Transparenten die etwa 2 Kilometer lange Strecke zur Kundgebung an der Marktkirche.

Wer keinen Begleiter hatte, hielt sich am Nebenmann fest. Als die Ersten in der City eintrafen, betraten hinten die Letzten gerade die Straße vorm Schützenplatz, so lang war der fahrbahnbreite Zug.

Wirkung schlechthin hat die Aktion also bestimmt gehabt, "falls noch nicht
genug, kommen wir wieder!" schworen die Veranstalter.

Reinhard Liebich


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